Schmerz

Manchmal frage ich mich, wieviel Schmerz eine Seele aushalten kann? Was für eine Prüfung soll das sein, durch die ich gerade gehe? Ist es für eine Mama nicht schon schlimm genug, wenn das eigene Kind so etwas durch machen muss ...
Wir waren gestern Abend um 21 Uhr noch mal bei Jeremy, um ihn gute Nacht zu sagen. Endlich ohne Beatmungsschlauch. Doch als wir dann an seinem Bett standen, bat die Schwester uns, Jeremy wach zu machen um zu sehen, ob er wenigstens auf uns reagiert. Leider war Jeremy sehr im Stress. Das selbstständge Atmen klappt nicht. Seine Schutzreflexe (Husten, Schlucken) waren leider nicht mehr ausreichend vorhanden. Auch wenn wir ihn ansprachen, reagierte er nicht mehr richtig auf uns. Wir waren seine letzte Chance. Hätte er auf uns normal reagiert, dürfte er ohne Schlauch bleiben. Leider war dem aber nicht so. Also bereiteten die Pfleger im Hintergrund alles für die Intubation vor. Nach 8 Stunden muss unser Schatz wieder an die Beatmung. Sein letzter Extubationsversuch ist also gescheitert. Es liegt nun leider doch nahe, das Jeremy eine Schädigung am Gehirn hat, und er vorerst ohne Beatmung nicht auskommt. Montag ist die Shunt OP. Heute soll er sich noch erholen und dafür Kraft sammeln. Die Tracheotomie wird dann vermutlich wie geplant am Montag mit der OP gemacht.
Wir hätten uns so sehr gewünscht, dass er es schafft. Und natürlich steht nun die Angst im Raum, dass er für den Rest seines Lebens Beatmungshilfe braucht.
Ich schaffte es nicht einmal mehr bis zur Patientenschleuse, bevor meine Tränen über die Wange kullerten. Leider wartete auch da eine traurige Nachricht auf mich. Meine Mum schrieb mich über Whats App an und teilte mir mit, dass meine Omama im Sterben liegt.
Manchmal frage ich mich, wieviel Schmerz eine Seele aushalten muss?

 

Es ist Sonntag Mittag. Nicol und ich waren bis 12:30 Uhr bei Jeremy und haben uns vergewissert, dass es mit der erneuten Intubation stressfreier für ihn ist. Er sah gegenüber der gestrigen Nacht bedeutend entspannter aus. Die Atmung wird bis zur OP morgen früh von der Maschiene übernommen, damit sein Körper die benötigte Kraft sammeln kann und sich best möglich erholt. Etwas mehr sediert als in den letzten Tagen, hat er somit auch die besten Voraussetzungen. Wie jeden Tag bekam er etwas aus seinem Buch von mir vorgelesen. Wobei ich ihm heut nicht böse gewesen wär, wenn er dies nicht gewollt hätte, so oft wie ich mich verlesen hatte. Zwischendrin mussten wir kurz raus, da unser Schatz umgelagert wurde. Als wir wieder zu ihm durften, hatte er einen etwas höheren Blutdruck und er kam uns zumindest etwas wacher vor. Ob das jetzt auf Grund der Umlagerung oder der Anwesenheit seiner Mama und mir war, weiss ich nicht. Auf jeden Fall bewegte Jeremy wieder seinen Kopf in die Richtung wo er Nicol oder mich wahrnahm. Natürlich freuten wir uns über diese Reaktion. Dennoch merkten wir dass es besser wäre, ihm mehr Ruhe zu gönnen und so beschlossen wir schweren Herzens, uns vorzeitig zu verabschieden. Heut Abend wird Nicol sicherlich noch, wie jeden Abend, im Krankenhaus anrufen und ein kleines Update hier posten. Fühlt euch gedrückt und habt einen schönen Tag.#Schmerz

 

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